Forum für alle Pässe- und Tourenfahrer

Landespreis Österreich 2022

Berichte von euren Reisen und Abenteuer beim Pässe knacken
Vier Wochen später:

4.6. 3D Ost

Es ist Pfingsten! Ein Feiertag am Montag! 3 Tage am Stück frei! Da könnte man doch ideal Pässe knacken für das Ziel "Austria 2022". Leider sind in Tirol noch immer nicht alle Strecken offen. Nach einer sorgfältigen Planung der An/Abreisen von/nach Truden (Höhentreffen in Südtirol) und Tolmin (Treffpunkt für eine Kroatien/Bosnien-Herzegowina-Tour, anschließend Metal Days Festival) bleiben einige Punkte offen. Die muss ich also in Extratouren fahren. Der Nordosten ist davon weit ab, der ist nun fällig. Das passt auch gut zu Wettervorhersage: 20-30 Grad, Sa/So trocken, am Mo Gewitter möglich.

Also flugs dieses Monster hier geplant:
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1800 km, klarer Fall, das passt für 3 Tage. Daher der Namensteil "3D". Ist zwar lang, aber auch viel Autobahn drin am 1. und 3. Tag. Nicht vergessen, die Autobahnmaut zu bezahlen. 5,60 für 10 Tage ist ein Schnäppchen im Vergleich zu Frankreich, Italien oder Portugal. Die Jahresmaut lohnt sich erst ab dem 6. Mal 10 Tage, daher klemme ich mir das - ich will mich auch nicht drauf festlegen, jedes Mal mit dem gleichen Motorrad nach Österreich zu fahren (erst hinterher entdecke ich, dass man bei online-Vignette das Nummernschild ändern kann).

Schnell ist ein Hotel südlich von Wien gefunden, das ganz okay für beide Übernachtungen liegt. Stornierbar bis 18 Uhr am Anreisetag, da bucht man gelassen. Am Wochenende zuvor war ich in den Vogesen und im Schwarzwald unterwegs und habe leider am Sonntag ein gereiztes Auge mit nach Hause gebracht. Das wurde tagelang nicht besser, also Donnerstag endlich zum Arzt. Der Hausarzt wusste nicht weiter. Überweisung zum Augenarzt. Die umliegenden Augenarztpraxen wimmeln jeden Anrufer ab, der noch nicht dort Patient ist, und der kassenärztliche Terminservice hat innerhalb der gesetzlichen Frist im Umkreis von 50 km keine Termine, aber in 80 km und in 3 Wochen. Das hilft mir jetzt auch nicht weiter. Also eine Privatpraxis angerufen, Selbstzahler gesagt, "Wollen Sie in 30 Minuten rein kommen?" Was ist eigentlich los in diesem Land mit seiner 2-Klassen Medizin!? 90% sind gesetzlich versichert! Naja, genug die rote Fahne geschwenkt, hin fahren, sie sieht auch mit Instrumenten keinen Fremdkörper und keine Verletzung im Auge, also gibt's Cortison-Tropfen auf die Hand und ab dafür. Sie hat nicht gesagt, dass ich kein Motorrad fahren soll! Ich habe allerdings auch nicht gefragt. Bzgl. Selbstzahler, ich bin gespannt auf die Rechnung. Es hat übrigens niemand meinen Ausweis kontrolliert - da könnte man auf dumme Ideen kommen. Am Abend habe ich dann endlich meinen neuen Helm startklar gemacht. Er ist baugleich zum alten Helm und hat sogar die gleiche Farbe, aber vermutlich ca. 200.000 km weniger Laufleistung. Da zieht's weniger am Visier vorbei, was mich am Sonntag zuvor noch gestört hat. Soviel Gesundheitsfürsorge muss sein. Und er fühlt sich 200 Gramm leichter an. Will gar nicht wissen, wo die Insektenleichen überall liegen im alten Modell...

Ich fahre mit der Versys, denn diese Route ist sehr autobahnhaltig, und Österreich ist temposensibel. Die Versys hat frisches Öl und eine frische Kette, und einen verbesserten Seitenständer, womit sie aufrechter steht und nicht mehr in jeden Boden einsinkt, der weicher als Granit ist. Ich habe das hohe Windschild dran gelassen, das entspannt auf der Autobahn, könnte aber etwas warm sein.

Die Tour beginnt mit Autobahn. Ich habe bewusst die grenznahen Punkte ausgelassen. Die kann ich später an Wochenenden ohne Extratag einsammeln. Da ich blöd bin, und denke "Österreich liegt ja im Süden", und weil ich mich mit den paar Autobahnen rund um Nürnberg noch immer nicht richtig auskenne (aber mit den 20x mehr im Ruhrgebiet und Rheinland noch immer), verfahre ich mich und fahre auf die A9 auf. Das Navi schickt mich nach Norden, und dann nach Osten. Okay, blöd, kann ja mal passieren. Aber jetzt läuft's. Naja, ne. Da ich blöd bin und mich mit den paar Autobahnen rund um Nürnberg noch immer nicht richtig auskenne (usw.) fahre ich gerade die A6 nach (Nord-) Osten, statt auf die A3 nach (Süd-) Osten zu wechseln. Das Ergebnis sind ein paar Kilometer Landstraße und Ortsdurchfahrten. Läuft heute bei mir. Endlich auf der richtigen Autobahn angekommen lasse ich es einfach rollen und rollen. Irgendwann ziehe ich alle Membranen und den Pulli aus, denn Autobahn ist bekanntlich echt warm. Trinken nicht vergessen, und auch Snackpause darf sein. Keine Ahnung ob es sich aktuell lohnen würde, nochmal in Deutschland zu tanken, ich fahre so weit der Tank mich trägt.

Bzw. ich versuche es. Bei Regensburg ist Stau mit Stillstand. Offensichtlich Vollsperrung? Ich stehe 20 Minuten. Und komplett überflüssig, ich hätte das bequem umfahren können. Vielleicht brauche ich doch mal langsam so ein Smartphone-Navi. Oder ich lasse mich mit Knopf im Ohr vom Handy navigieren, dass mich ja bereits mit Musik und Podcasts unterhält. All das kostet jedenfalls Zeit. Und diese Route war eh schon lang. Irgendwann geht's dann doch weiter, und siehe: Ursache sind Markierungsarbeiten in einer Autobahnbaustelle. Sowas kann man natürlich nicht abends machen, das geht nur am Anreisetag von einem langen Wochenende. Hallo, Staat, wer macht bei euch eigentlich Dienstleistersteuerung? Achja, es ist warm. Sehr warm. Ich fahre einfach immer weiter und als ich das Gefühl habe, nicht mehr klar zu kommen, mache ich halt Pause. Von den 666 km heute sind es tatsächlich sagenhafte 465 km bis zum ersten Passknackerpunkt. Uffff... Hab ich mal erwähnt, dass mir der Privatbesitz eines Transporters immer sympathischer wird?

Nach einem Blick aufs Navi, die Route macht einen Halbkreis zum ersten Punkt, um länger auf der Autobahn zu bleiben, werfe ich einen Wegpunkt in die Landschaft, weil ich keine Lust mehr auf Autobahn habe. Es ist da monoton und außerdem sehr heiß. Das bringt eine echte Verbesserung, auch wenn ich mir anfangs Sorgen mache, ob ich in meinem Zustand Überlandstrecken fahren sollte. So verlasse ich einen Kreisel mit hohem Verkehrsaufkommen an der zweiten Auffahrt und merke hinterher, dass ich dabei permanent rechts geblinkt habe. Danke fürs Aufpassen, unbekannter Autofahrer, der Du an der 1. Auffahrt doch gewartet hast! Aber die Kondition wird schnell besser. Es ist wirklich spürbar kühler, und die Abwechslung hilft sehr.

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Und irgendwann ist dann auch endlich der erste Pass erreicht. Tataaa!

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Jetzt wird's schön :) Nur noch Pässe! Bzw. Passknackerpunkte. Die sind fast alle einsame Nebenstrecken in einer opulenten Motorradregion. "Kalte Kuchl" (Ortsname) ist ausgeschildert, und hier wedeln entgegenkommende Motorradfahrer ganz besonders mit den Armen - klarer Fall von Problemstrecke. Logo, Einzugsgebiet von Wien, langes Wochenende, Spitzenwetter. Gut, dass ich vorher abbiegen muss. Keine Sorge, die andere Seite der Strecke und der Ort kommen später im Jahr. Ich wechsle in den Wiener Wald. Hier ist weniger los, es ist sehr ländlich und überraschend wenig touristisch.

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Wind gibt's hier wohl auch mal.

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Vermutlich coolster Name aller Passknackerpunkte:

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Oberpirat! :) So knacke ich mich die geplante Route entlang, und alles klappt einwandfrei. Keine Sperrungen, Baustellen, Umleitungen. Kurz vor dem Hotel ist eine Tankstelle, das Hotel ist leicht zu finden und das Zimmer ist für 50.- voll in Ordnung - Doppelzimmer mit Ecksofa!

Nach der Dusche suche ich mir etwas zu Essen. Alles hat hier samstags zu, außer Rotlicht-Bars und ein Italiener, der mit Burgern wirbt. Okay. Auf einer Tafel beim Italiener stehen auch Spare Ribs. Die wollte ich schon lange mal wieder :) Leider sind nicht besonders zart, die Sauce ist weder rauchig noch süß, die Wedges schmecken nur nach Frittierfett. Und bei 20,90 spare ich auch nichts. Schade! Danach kriegt die Versys noch einen Hauch mehr Kettenspannung.

666 km heute. 2x getankt. 34,1% Österreich. Rangliste Platz 6.

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So 5.6. 3D Ost 2

Die Nacht war erholsam, trotz dünner Wände. Das Frühstücksbuffet ist nichts berühmtes, aber beim geringen Preis in Ordnung. Hauptsache Motorradfahren! Topcase packen: ich nehme einfach mal alle Wechselklamotten für Schlechtwetter mit, dann passiert nichts! Abfahrt ist 8:30. Morgens gibt es eine Pässegruppe in der Nähe von Wien, dann über den Tag einige verstreute Punkte, also mit längeren Transfers, und abends dann wieder eine Pässegruppe. Das Hotel liegt so, dass ich die letzte Pässegruppe auch auf morgen verschieben könnte - oder auslassen, denn morgen wird eh lang.

Das wichtigste zuerst: Das Wetter ist zunächst einwandfrei. Am Nachmittag sind Schauer oder Gewitter möglich. Es geht nach Nordwesten, dort weitermachen, wo ich gestern aufgehört habe. Im unmittelbaren Einzugsgebiet von Wien haben die Motorradfahrer natürlich Spuren hinterlassen. Es gibt tatsächlich auch mal außerorts Tempolimits, und innerorts wird um leise Fahrweise gebeten. Der letzte Punkt dieser Gruppe ist schließlich praktisch in Wien. Auf dem Weg hat man einen Blick auf Wien.

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Dann kommen ein paar Kilometer Kopfsteinpflaster bei Tempo 50. Das muss man mögen. Dann geht's nach Norden, Strecke machen. Dafür geht es zunächst nach Wien rein, runter an die Donau und dann 5 km nach Süden. HÄ? Das hat schon seine Richtigkeit, denn es fehlt einer Brücke weiter im Norden. Immerhin ist auf der anderen Seite Autobahn statt Tempo 50.

Die Autobahn verlasse ich bald und fliege über die Lande. Es geht zwar nicht nur geradeaus und es gibt nur wenig Ortsdurchfahrten, aber da kann man ja mal Zeit gutmachen. In Fachkreisen wird auch von "Bundesstraßenbratzen" gesprochen. Das wird heute jedoch nichts, dann a) sind hier keine Bundesstraßen, sondern zweispurige Ortsverbindungsstraßen, und vor allem b) steht da jemand außerorts in schwarzer Kleidung am Straßenrand, der sich sichtlich unwohl fühlt, und der mich erst sieht, nachdem ich ihn gesehen habe. Er konnte dann aber sehen, dass bei mir alles in Ordnung ist. Anscheinend hatte er die Laserpistole zuvor auf den Ortsausgang gerichtet. Merken, liebe Kinder, in Austria auch am AdW Schilder beachten! Und vielleicht keine Aprilati Donnerknallschlagkampfangriff 9000 Brutanale mit Harakiri-Brüllovic Auspuff fahren, dann klappt's auch mit der Messung ;) In diese friedliche Hügellandschaft passt das eh nicht. Hier fühlen sich auch Oldtimerfahrer wohl. Davon viele aus Deutschland.

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Der nächste Punkte ist 45 km weiter im Osten und fast schon Slowakei: Der Braunsberg. Tolles Aussichtspunkt!

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Dann folgen 80 km Überführung für 2 einsame Punkte. Da wird's mir langsam zu warm und zu schwül. Ich kehre in eine Eisdiele ein. Innen klimatisiert, aber leider keine Sitzplätze. Draußen schmilzt das Eis auch im Schatten, als ich das Handyladekabel aus dem Topcase hole. Danach folgt wieder Transfer, sogar mit etwas Autobahn, und dann die spektakuläre Hohe-Wand-Straße. Da geht's alpin trassiert auf eine Hochebene. Die Maut bekomme ich vom Kassierer geschenkt, somit 1 Euro gespart - netter Mann :)

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Der Tag klingt langsam aus, freundlicherweise hat es hier schon geregnet. Es ist schon wieder trocken, aber weniger heiß als noch vor einer Stunde. Merken: Für die Jugo-Juli-Tour muss ich das große Windschild demontieren.

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Irgendwann sticht mich noch ein Insekt in den Unterarm. Es hat zielsicher den Spalt zwischen Motorradjacke und Stulpe der Motorradhandschuhe getroffen, und mich dann beim Ableben durch die lange Unterwäsche hindurch gepiekst. Eine respektable Leistung! Für mich ein Anlass zum Nothalt und Ausziehen, denn so ganz glauben kann ich das nicht. Ich habe die Cortison-Augentropfen dabei und tropfe es auf die Stelle - kann ja nicht schaden. Das beruhigt sich schnell wieder und ist abends schon fast vergessen. So geht es dann auf den direkten Weg zum Hotel, und zwar über eine 1A-Kurvenstrecke :)

Toller Tag heute. Trocken geblieben, schöne Strecken entdeckt, und vieles abgehakt. Österreich ist wirklich weit mehr als nur die Alpen.

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Als Abendessen gibt's vom Vietnamesen gebratene Nudeln mit Hühnchen. Das geht irgendwie immer :)

Heute 475 km, Rangliste Platz 6, 40,2% Austria, 2997 verschiedene Pässe insgesamt
6.6. 3D Ost 3

Der Abreisetag. Ich vergesse einen Wecker zu stellen und wundere mich um 7 Uhr früh, warum ich so gut erholt bin. Weil das Hotel so leer ist und niemand schon früher Krach macht. Okay, dann starte ich eben weniger früh als gedacht in den Tag. Der Abreisetag ist bei mir traditionell so lang geplant, dass ich am nächsten Tag kein Motorrad mehr fahren kann oder will. Da hilft es, erholt zu sein. Das Frühstück fällt knapper aus, ich will ich ja nicht beim Einpacken schon wieder alles verlieren. Es hat nachts geregnet, es ist recht frisch - ich ziehe trotzdem nur das minimale Zeug an, den Rest erledigt das Windschild. Die Regenkombi kommt aber auf den Sozius. Das liegt auch daran, dass sie irgendwie nicht mehr ins Topcase passt, in dem sie eigentlich doch erst vorgestern hierhergefahren wurde.

So geht's etwas frisch auf Achse. Das macht aber nichts! Über "Auf dem Hals" geht's in Schneebergland. Hier kann man einwandfrei und ungestört Motorrad fahren, zumindest an einem Feiertag um 8:30 Uhr. Die 13 km Tempolimit 70 nur für Motorräder am Rohrer Sattel lassen aber schon vermuten, dass das zu anderen Tageszeiten auch anders aussehen kann. Schilder warnen vor schnittigen Leitpfosten. Der Versysfahrer lächelt müde und biegt Kraft seines Wilbers-Federbeins im 5. Gang in die Serpentinenstrecke ein, wobei schon der Wunsch nach Stiefelschleifern aufkommt. Aber schöne Landschaft hier!

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Beim dritten Bild habe ich was zu feiern:

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Insgesamt sind ca. 4900 Punkte in der Datenbank. Es gibt also noch genug zu tun :) Ich komme am Bikertreff im Ort Kalte Kuchl vorbei, und es stehen ganze zwei Motorräder dort. Da fahre ich vorbei. Südlichster Punkt ist heute der Lahnsattel. Dann geht's westlich Richtung Annaberg mit Abstechern zum Josefberg und Wastl im Wald. Beides 1A Motorradstrecken. Im Tal versucht ein weiterer schwarz Gekleideter, bei vorbeifahrenden Fahrzeugen das Fieber zu messen - bei mir ist aber alles in Ordnung :) Weiterhin schöne Landschaft hier!

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Der Pielachtaler Gscheid ist dann der letzte planmäßige Punkte heute. Jetzt wären es noch 5 Stunden Autobahn nach Hause. Darauf habe ich eigentlich keine Lust, und ich fühle mich noch sehr fit. Also lade ich die vorbereitete Verlängerung. Die hat kaum mehr Kilometer, führt aber noch über drei weitere Passknackerpunkte, was eine Stunde länger dauert. Dafür habe ich weiterhin Postkartenlandschaften.

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Und die Versys tauscht sich mit fremden Kulturen aus.

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Irgendwo nahe der Ybbs finde ich einen Gasthof mit schattigem Garten. Da bestelle ich mir etwas leichtes: Einen Salat mit "Grillhendel". Der kommt dann auch:

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Okay, Fleisch-Overkill, aber es ist ein Salat! Merke: Jedes Gericht wird zu einem leichten Gericht, wenn man Salat drunter legt ;) Weiter geht's...?? Wenn der Motor mal starten würde..???! Es orgelt, aber der Funke will nicht so recht überspringen. Hm. Zündung aus. Zündung an: Na also, geht doch :) Aber! Das Voltmeter an meiner USB-Dose zeigt nichts mehr an. Ist da etwa eine Sicherung geflogen? Ein prüfender Blick beim nächsten Tankstopp zeigt eine andere Ursache:

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Mein Zubehörkabelbaum ist mit Lüsterklemmen gestrickt. Das ist daheim immerhin leicht zu beheben, und, wichtig, das Navi ist davon nicht betroffen. Der Rest ist dann Autobahn mit Musik und Podcasts, und erfreulich wenig Verkehr. Das Wetter bleibt trocken, und etwas Bewölkung hält die Hitze unter Kontrolle. Ich kann mit den Belüftungen ausreichend Wohlfühltemperatur einstellen. Es ist kein Ferienbeginn oder -ende, und wegen Feiertag fahren keine LKW. Es ist zwar eine einspurige Baustelle bei Regensburg, aber mit so wenig Rückstau, dass man gelassen bleiben kann. Die Gabel sifft auch schon deutlich weniger, seit ich die Staubkappe angehoben und mit einem Kabelbinder unterm Simmerring durchgestochen habe, und kreisförmig rundum geschabt habe. Oder es ist inzwischen kein Öl mehr drin, das kann auch sein ;) 18 Uhr bin ich wieder daheim.

Bei der Nachbereitung finde ich noch einen Nachweis von gestern, den ich nicht hochgeladen hatte. Gut, dass ich verglichen habe! Der lag aber auch ganz am Rand meines abgedeckten Gebietes, da hätte sich der Aufwand in Grenzen gehalten, hätte ich nochmal hin fahren müssen.

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3014 verschiedene Punkte geknackt.

678 km heute. 2x getankt. 45,3% Österreich. Rangliste Platz 5.

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Damit enden 3 Tage Österreich. Natürlich wären 4 oder 5 Tage besser gewesen, angesichts je 4h Autobahn An/Abreise, und einigen übrigen Punkten im Südosten.

vorher/nachher:
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Aber insgesamt kommt's auch auf Masse an beim Landespreis, und da hat es hier viel geholfen. Ich hatte vor der Tour die Idee, das Motorrad in Linz zu parken und den Zug nach Hause zu nehmen - da fährt direkt ein ICE nach Nürnberg, der in Kosten und Zeit vergleichbar oder besser als das Motorrad ist. Ich habe es dann doch nicht gemacht, weil am Motorrad doch noch ein paar Sachen zu erledigen sind. Das wäre aber ein Konzept für den Herbst, wenn ich mit den restlichen Reisen fertig bin. Die restlichen Reisen des Jahres werden mich größtenteils durch Österreich führen, was ich natürlich nutzen werde. Die Routen sind schon geplant, und das was ich dieses lange Wochenende gefahren bin, war natürlich extra so geplant, damit passendes für die künftigen Touren übrig bleibt ;)

Bisher gefallen mir die mir zuvor unbekannten Regionen Österreichs übrigens ausnehmend gut. Da kann man einwandfrei Motorrad fahren! Es gibt auch in ganz Österreich keine einzige für Motorräder gesperrte Strecke, abgesehen von den berühmten drei Strecken in Tirol mit dem 95 dB-Limit. Das ist noch weit besser als Deutschland mit seinen 50 ganz oder am Wochenende gesperrten Strecken. Es gibt auch weniger restriktive Limits und viele Regionen, die mindestens so kurvenreich wie die Eifel sind - nur dass da praktisch nirgends einfach so Tempo 50 oder 70 an Kurvenstrecken steht. Dort wo Schilder stehen, sollte man diese aber auch einhalten, denn es wird wirklich viel kontrolliert, und zwar durchaus auch auf dem Land.
Wieder ein Monat später:

Auf der Anreise zu einer 3-Wochen-Tour nach Kroatien, Bosnien und Montenegro habe ich auch Pässe in Österreich geknackt:

Sa, 9.7.22 Nürnberg-Steiermark

Ich bin weiterhin Team "Anreise auf Achse", auch wenn ich dabei immer weniger Spaß habe. Es geht per Autobahn bis knapp vor Salzburg. Als Gepäck genügt mir das Topcase, aber die Regenkombi muss dann doch auf den Sozius. Das Premiumzeugs ist leider vom Packmaß her eher Schuhkarton.

Es gibt ein paar kleine Staus, aber die Autofahrer bleiben gelassen - dachte ich, bis zu dem Moment wo mich ein Audi Q8 bei einem völlig sinnlosen Spurwechsel auf freier Strecke abdrängt, während ich noch hupe. Seufz. Deutschland, deine Autofahrer. Ich schnappe mir die letzte Tankstelle vor der Grenze in Bayrisch Gmain, obwohl es eine Shell ist - und stelle dann fest, dass sie knapp nach der Grenze ist. Sprit ist ja in Deutschland zur Zeit günstiger als in Austria, aber ganz ehrlich, dafür drehe ich jetzt nicht mal um. Ich werde noch soviel Sprit verfahren auf der Reise, da kommt's auf 20 Cent x 15 Liter bei dieser einen Tankfüllung hier nicht an. Ich tanke im Sitzen und gehe mit Helm auf in die Tanke und werde trotzdem nicht angemeckert - Shell ist da sonst eigen. Für den Besuch im Bad muss ich nicht mal umparken, denn es ist eh niemand sonst da. Der Kassierer hat echte Langeweile. Ich erfreue mich am noch trockenem Wetter bei motorradfahrerfreundlichen 20° und leichter Bewölkung. Und ab jetzt ohne Autobahn!

Am Motorrad fällt bisher auf, dass nach dem Wechsel zur einer besseren Bremspumpe der Druckpunkt der Bremse klarer ist, und der Hebel geht nicht mehr so nah an den Lenker ran. Dafür ist der rechte Spiegel lose, der war ja auch an der Bremspumpe dran. SEUFZ. Naja, ich habe zwei davon. Und vielleicht sogar das passende Werkzeug dabei, um ihn zu lösen, und von unten die Mutter anzuziehen, mit der man die Kraft einstellen kann, die man zum Drehen braucht. Der Hinterreifen ist unauffällig. Der vordere Pirelli Scorpion Rally STR ist bei milder Schräglage plötzlich sehr agil, um nicht zu sagen, kippelig, ermöglicht aber tolles Kurventempo schon bei geringer Schräglage. Ich glaube, den Effekt hatte ich mit frischen Conti TKC70 am Anfang auch. Ich hoffe, das gibt sich, wenn die Kanten an den Profilblöcken mal etwas rund gefahren sind. Und Wilbers federt echt besser als Serie (Federbein).

Die kleine Straße zum Veitlbruch ist äußerst verwirrend beschildert. Ich fahre vorsichtshalber mal durch - umdrehen kann ich später immer noch. So wandert heute Passknacker Nr. 1 in den Köcher. Dann geht's ein Stück recht öde an der Autobahn entlang, ohne Pickerl, und dann endlich ins Hinterland: Putzenbauer, Pass Lueg, Lienbachsattel. Der Lienbachsattel ist eine Mautstrecke (6 Euro) und die heute bisher imposanteste Strecke. Es fehlt jedoch ein markantes Passschild.

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Weiter über Pass Gschütt und Schwaigweg, kommt nach einigen Kilometern Bundesstraße die schönste Strecke heute: Der Sölkpass.

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Der liegt sehr abgelegen, verbindet zwei weit entfernte Täler, ist daher sehr lang, und wird im Winter nicht geräumt. So eine Art Österreicher Izoard? Naja, sicher nicht ganz so spektakulär. Jedenfalls sehr schön hier, auch wenn kilometerweit gerade die Fahrbahn erneuert wird. Am Prebersee vorbei geht's dann nach Tamsweg, wo mein Hotel wartet. Ich erscheine pünktlich um 17:10, und beschließe noch zu tanken - schon wieder Shell, schon wieder kein Mecker.

Das Hotel ist angenehm, und nach einem Spaziergang schmeckt das Backhendl noch besser. So kann man es aushalten!

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566 km heute.

So, 10.7.22 Steiermark-Slowenien

Gestern stelle ich nach dem Schreiben des Reiseberichts fest, dass ich kein Laptop-Netzteil dabei habe. Damit wird der Laptop zum Briefbeschwerer, außer ich treibe noch ein Netzteil auf. Heute ist Sonntag, und ab 13 Uhr bin ich planmäßig in Ländern unterwegs, wo ich die Sprache nicht spreche. Gar nicht. Ich habe mir Phrasen aufgeschrieben, aber "ich such eine Netzteil für ein 15 Jahre altes Laptop" war nicht dabei. Es geht um ein Lenovo Thinkpad, die haben zum Glück die Netzteile nicht oft geändert. Der Mitreisende hat ebenfalls ein Lenovo Thinkpad dabei, mit Netzteil, aber leider schon eine Generation neuer, mit eckigem statt rundem Stecker. Nach einigem Suchen finde ich auf willhaben.at, so einer Art Ebay Kleinanzeigen für Österreich, zwei geeignete Anzeigen und schreibe sie 23 Uhr an. Eine liegt auf dem Weg, die andere wäre 2 Stunden Umweg. Zuviel Zeit habe ich nicht, also hoffe ich auf die nähere.

Nach der erholsamen Nacht kann ich mir beim Frühstück Zeit lassen, denn es ist Regen bis 8:30 angesagt, danach sind nur noch vereinzelt Schauer möglich. Ich frage mal den Wirt, ob er nicht ein Laptopnetzteil hat? Ja, so ein altes. Er sucht mal. Und er findet eines. Die Spannung passt, aber der Stecker nicht. Hm, daraus könnte ich mir was zusammenferkeln, der VDE guckt ja nicht zu. Verkaufst du mir das? Ach, nimm's einfach mit. Danke! Damit wäre die Notlösung gesichert.

Einpacken, aufsatteln, und los. Die Route führt in die Richtung, aus der ich gestern kam. Erster Punkt ist Schwarzenbichl. Da steht eine markante Kapelle.

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Die Straße ist nass, aber von oben kommt nichts nach. Es hat nur 10 Grad, darum trage ich die warme Unterwäsche - in der kühleren war es gestern doch phasenweise arg frisch, und da hatte es über 10 Grad. Wegen Anreiseverkehr zu einem Formel 1-Rennen habe ich hin und wieder ein paar Autos mehr auf der Straße, aber nichts, was mich aus der Ruhe bringen würde. Gegen 10 Uhr prüfe ich meine Mails: Das nähere Netzteil klappt nicht, Verkäufer im Urlaub. Das weiter entfernte könnte klappen. Wir telefonieren. Er möchte heute ohnehin mit dem Auto irgendwohin, ich habe nicht verstanden, wohin, aber wir machen einen Treffpunkt aus, der in der Nähe meiner Strecke ist. Ich habe zwar wenig Lust und Zeit für Umwege, aber auf einen stromlosen Laptop habe ich noch weniger Lust. Da er sich an einem Autobahnrastplatz zwischen Villach und Klagenfurt treffen möchte, kaufe ich ein Autobahnmautticket. Das lohnt sich aber schon alleine für die gesparte Zeit, und 5,60 Euro ist dafür auch okay, wenn man die Preise in Italien oder Frankreich kennt. Damit wird die Gesamtroute von 388 km auf 465 km verlängert, und die Fahrzeit auf 9:30 Stunden. Uffff. Ich mache das beste daraus und drehe am Quirl - im Rahmen der StVO natürlich, denn in Österreich wird wirklich viel geblitzt. Außerdem ist zu schnell fahren verboten...!

Das Treffen klappt, das Netzteil wandert für 20 Euro ins Topcase, und ich bin glücklich. Und im Stress, denn ich wollte gern nicht erst um 19 Uhr im Hotel ankommen. Es ist schon gebucht, und dort will ich Christoph treffen. Also los. Es geht zum Jauntalblick, und dann endlich Richtung Süden. Durch Völkermarkt, zum Hemnaberg, und dann zum Luschasattel. Die Strecke zwischen den beiden plant mein Navi außenrum, 30 statt 13 km, dafür aber sicher befahrbar. Umplanen kostet Zeit, und wenn der Schotter dann zu grob wäre, dass man umdrehen muss, ärgert man sich doppelt. Der Verkehr fließt, die Versys flutscht, alles funktioniert, nur der rechte Spiegel baumelt weiterhin etwas sinnlos im Wind, und ich dampfe die Ankunftszeit ein. Es läuft gut! Am Luchassattel wird's etwas abenteuerlich:

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Hinter Lavamünd geht's dann endlich nach Slowenien rein. Da fällt einem eine gewisse Last von den Schultern, und eine gewisse Gelassenheit macht sich breit. Aber das ist ein Thema für den Reisebericht "Westbalkan" ;)
Drei Wochen später: Auf dem Rückweg aus Kroatien, Bosnien, Montenegro habe ich natürlich auch wieder Pässe in Österreich geknackt.

Fr 29.07. Westbalkan Abreise, Austria-Etappe 1/3

Heute ist Abreise von den Metal Days. Nach 4 Nächten und 3 ganzen Tagen in Tolmin, Slowenien bin ich ausreichend erholt, dass ich mich wieder aufs Motorrad traue ;) Mein Camping-Gepäck schleppen freundliche Zeltplatznachbarn aus Nürnberg mit nach Hause, so dass ich mit weniger Gepäck weiterreisen kann als ich angekommen bin, weil ich auch Dreckwäsche in die Tasche gepackt habe.

Ein gemeinsames Frühstück gab es heute nicht, aber ein gemeinsames Aufräumen. Luca und Nic packen ein Zelt, den Pavillon, eine Kühlbox und viele Stühle in den Transit, dank (oder trotz?) der Hilfe von noch wachen Festivalbesuchern. Ich reiße nur das Zelt ab und werfe mich heldenhaft und schädelfrei auf die Versys. Es geht das Soca-Tal nach Norden. Die Strecke kenne ich schon. Früh um 8 ist nichts los. Auf dem Heimweg liegt noch Italien als 7. Land dieser Reise.

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Ab jetzt wird's kalt. Es ist übrigens ein weiter Weg ins Tal, besonders wenn man Carabineri vor sich hat, denn die Mittellinie ist echt das ganze Seebachtal (Seitental des Kanaltal) entlang durchgezogen. Danach geht's auf die Autobahn nach Österreich rein, ich hatte sogar noch vorher eine digitale Vignette gekauft. Da Wolken aufziehen, ziehe ich die Membran rein und die Regenjacke drüber. Erster Punkt in Austria soll das Gipfelhaus Gerlitzen sein. Da kommen dann wieder ein paar Nervfaktoren zusammen: Regen, und eine angekündigte Sperrung der Bundesstraße, die ich brauche. Ursache sind Hochwasserschäden. Hier haben sich diverse Flüsse einen neuen Weg gesucht.

Eine Umleitung wird nicht erwähnt. Hmm. Google Maps kennt eine Umleitung. Die ist zwar nicht beschildert, aber real funktioniert sie. Es ist eine recht unübersichtliche 4 Meter schmale Strecke, und der telefonierender Autofahrer vor mir schafft es nicht, mal 3 Sekunden ganz rechts zu fahren. Erst das wiederholte Anzeigen der Überholabsicht mit Licht- und Schallzeichen verleitet ihm zum Handeln. Ich glaube zwar, dass er mich ausbremsen wollte, aber dabei wurde er so langsam, dass ich sicher links vorbei konnte. Hier kommt genug Gegenverkehr, dass ich mir das nicht sinnlos hinter einem Auto antun muss. Noch eine Umleitung später und noch ein Sperrschild weiter kommt der Abzweig zur Gerlitzen Straße. Die kostet 8 Euro Maut, am Automaten zu bezahlen, und ich dachte im ersten Moment, die wollen dass man das mit Münzen passend zahlt. Aber der Automat nimmt auch Scheine und wechselt sogar. Die Strecke hoch ist steil und eng aber in gutem Zustand. Oben lässt der Regen nach und ganz oben ist's beeindruckend.

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Erster Punkt gesammelt :) Auf dem Weg runter kann man sich den Regen von oben ansehen, bzw. die trocknende Landschaft.

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Den Krastaler Sattel nehme ich noch schnell mit, dann geht's kurz ins Hotel. Das ist zwar ein Umweg, aber da bekomme ich die KärntenCard, mit der ich alle folgenden Punkte mautfrei fahren kann, was rund 40 Euro spart. Das Hotel in Malta (Stadt, nicht Land) ist schnell gefunden und der Checkin klappt schnell - da es erst 12 Uhr Mittags ist, kann ich nicht aufs Zimmer, aber meine Topcaseinnentasche kann ich hier lassen. Das erleichtert mich. So habe ich jetzt noch ein paar Punkte zu fahren. Und mit der Maltatalhöhenstraße fange ich an! Da war ich noch nie. Die Straße hat 2 oder 3 Ampeln mit Wechselverkehr an Engstellen, und viele Tunnels. Die Landschaft ist echt beeindruckend. Oben gibt's eine Staumauer und da ist es auch etwas touristisch.

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So, jetzt geht's wieder nach Süden. Goldeck Höhenstraße und Villacher Höhenstraße lagen zwar fast an der Vormittags-Route, aber da hätte ich Maut zahlen müssen, die jetzt mit der KärntenCard kostenlos sind. An der Goldeck Höhenstraße ist aber einfach nur die Schranke offen - heute also keine Maut. Die Straße ist nett und eigentlich mit der Villacher Höhenstraße gut zu vergleichen. Vielleicht etwas kürzer, und einsamer. Das ist die Aussicht oben.

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Die Villacher Höhenstraße hat praktisch die gleiche Aussicht - daher kein Bild ;) Jetzt kann ich entweder ins Hotel oder noch die Nockalm Höhenstraße mitnehmen. Da muss ich mich aber sputen, denn die schließt für Motorräder um 18 Uhr. Ich fahre wieder fast am Einstieg zur Gerlitzen Höhenstraße vorbei, und dann ist auch dort die Schranke offen. Hätte ich das vorher gewusst, wäre die Route einfacher gewesen. Naja, egal, ich genieße die weitgehend verkehrsfreie Nockalm Höhenstraße.

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An der Nordseite ist noch der Abstecher zum Schönfelder Sattel drin, auch wenn die letzten 600 Meter anscheinend gesperrt sind. Auch hier gibt es wieder Hochwasserschäden. Dann aber ab ins Hotel! WC und Dusche sind dringend nötig, denn Dusche hatte ich seit Montag keine mehr - aber immerhin einen sehr frischen Fluss, und eine Regendusche in der Mitte. Dann noch Abendessen im Hotel und etwas Schnacken mit einem norwegischen Motorradfahrer, der mein Mayhem-Shirt erkennt. Ja, ich trage Bandshirt im Motorradhotel und Kawasaki-Shirt auf dem Metal-Festival - weil ich's kann! ;) Und weil das Kawa-Shirt atmungsaktiv ist.

Die Route heute war extra verwirrend dank des Abstechers zum Hotel. 516 km und etwa 9h im Sattel mit Autobahn zum Zeitsparen.

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Passknacker-Status: 53% Austria. In der Rangliste bin ich übrigens durchgehend auf Platz 4, weil man mit den Balkanländern da nicht viel erreicht. Es sind gemessen an der Strecke halt wenig Punkte da.


Sa 30.07. Westbalkan Abreise 2/3

Heute geht's den ganzen Tag nur durch Österreich. Die Nacht im Hotel war gar nicht so erholsam, weil das Bett knirscht und ich anscheinend auf die Bettwäsche allergisch bin. Hatte ich die Katzenhaare eigentlich schon vor der Nacht am Schlafanzug?

So geht es nach dem Hotel-Frühstück etwas träge aufs Mopped. Immerhin ist der Regen gerade vorbei. Leider hole ich den Regen wieder ein auf meiner morgendlichen 100 km Autobahn-Etappe. Auf den Bergstrecken zu meinen Passknackern ist dann wenig bis kein Verkehr, und ich sehe außerhalb der Autobahn auch Null weitere Motorradfahrer. Es tröpfelt nur noch leicht, das Thermometer zeigt 15 Grad und ich bin einigermaßen ausreichend warm und dicht angezogen, obwohl ich für die Regenhose zu faul war - die Membran hält dicht.

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So sammle ich ein paar Punkte ein, bis ich mittags wirklich zu müde und kalt bin.

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Da kommt ein einsames Gasthaus hinter der Weinebene gerade Recht. Es gibt zwar keine Suppe auf der Karte, aber der Wirt macht mir einen kleinen Chili Con Carne. Der wärmt ganz gut. Der halbe Liter Spezi dazu macht es leider gleich wieder zunichte. Aber nach der Pause ist der Regen weg und kommt auch nicht wieder! Das hat also funktioniert.

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Zum "Almwirtshaus Altes Almhaus" darf ich mal wieder ein paar Kilometer Schotter fahren. Die Strecke ist aber vollständig touristentauglich, und oft sogar 10 Meter breit. Wegen der Nässe staubt es nicht, aber es gibt große Pfützen, die ich lieber umfahre. Später passiere ich einen Ort mit dem schönen Namen "Edelschrott". Dann klart es endlich richtig auf und die Welt um mich herum trocknet nicht nur, die ist sogar schon trocken. Da mein rechter Stiefel abgesoffen ist, und es sich auch im wasserdichten Strumpf feucht anfühlt, mache ich eine Pause zum lüften des rechten Fußes. Und siehe, ich hatte den wasserdichten Strumpf falschrum an, mit der gefütterten Seiten nach außen. Dabei ziehe ich auch gleich die Regenjacke aus.

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Dann geht es schnurgerade nach Norden, über Hohentauern. Bergab habe ich ein großes Mercedes Benz SUV-Ungetüm vor mir, schwarz, Typ GL "Russenmafia", der ein erstaunliches Tempo fährt. Er schneidet Kurven wie nichts Gutes, beschleunigt mit deutlich über 400 PS, so dass mir Aufschließen nur in Abschnitten mit Kehren gelingt. Ich will aber auch nicht in der Nähe sein, wenn dieser 3-Tonnen-Panzer aus der richtigen Fahrspur gerät. Gerade mal nachgeschaut: 585 PS in Serie beim AMG-Modell. Okay. Das Hotel ist heute in einem Ort mit eigenem Passknackerpunkt.

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Das ist natürlich sehr effizient! Ganz im Gegensatz zum oben genannten Mercedes ;) Abendessen gibt's hier auch, und damit ist der Tag mit seinen 416 km auch gelungen. Ich habe ungefähr 3 weitere Motorradfahrer getroffen und war in einer schönen Region unterwegs. Da darf man sich schon was drauf einbilden ;)

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Heute ist meine letzte Übernachtung auf dieser Reise. Das Heimweh nagt an mir ;)

Passknacker-Status: 57% Austria. In der Rangliste bin weiterhin Platz 4, aber dank Austria die letzten 1,5 Tage bin ich mittlerweile knapp am 3. Platz dran.


So 31.07. Westbalkan Abreise 3

Die Nacht war erholsam. Heute geht's nach Hause. Ich hatte ohne Frühstück gebucht und halte die Augen nach einem Bäcker offen. Die Tour führt durchs Innviertel. Ich muss gestehen, heute hatte ich wenig Lust auf schöne Fotos. Die Route führte zunächst westlich, entlang von Hauptstrecken. Radlingpass, Pötschenpass, Maria Klamm. Es war durchaus Verkehr, aber nichts übertrieben langsames. Und ich konnte oft gut überholen. Bei Bad Aussee biegt die Routen nach Norden ab. Jetzt geht's zu sehr schicken Attersee.

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Hier ist an einem regenfreien Julisonntag natürlich Touristenbetrieb: Radfahrer, Autofahrer, Motorradfahrer. Aber man bleibt in Bewegung - kein Vergleich zum Stop and Go im NRW. Der Punkt Gahberg liegt oberhalb des Sees und lädt zur Pause ein.

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Klarer Fall, hier wird das zweite Brötchen gegessen. Danach gibt's wieder einen Ortswechsel nach Norden, in den Hausruck. Ich fahre über Land, durch Äcker, Hügel, Berge. Einfach mal die Kirche im Wald lassen.

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Superlative gibt's hier nicht, aber hier kann man einfach mal ziemlich entspannt Motorrad fahren. Der letzte Passknackerpunkt heute heißt Höhö, oder so ähnlich.

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So, jetzt aber schnellster Weg nach Hause! Dann jedoch der Schock. Ich habe ja schon viel Negatives gesehen auf meinen Reisen. Armut, Elend und Leid. Ruinen, Häuser mit Einschusslöchern entlang aller Grenzen in Ex-Jugoslawien, unfertige Häuser, aus denen bereits gemauerte Ziegelsteine wieder raus gebrochen wurden in Bosnien, Bretterbuden im Wald mit zahllosen Bewohnern in der Ostslowakei, marode Atomkraftwerke in Belgien, Waffenfabriken so ziemlich überall; Bordelle, Tabak- und Schnapsläden hinter Grenzübergängen. Aber das hier macht mich fassungslos. An keinem anderen Ort zerplatzen so viele Hoffnungen und Träume, wurden so viele Menschen in die Falle gelockt, ihrer Lebensfreude beraubt und schließlich ganz gebrochen. Und das so nah an der deutschen Grenze. Erschütternd.

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Die negativen Vibes sind so stark, dass meine treue japanische Kawa in den ersten 3 Versuchen nicht mehr anspringen will. Und als sie dann läuft, schaltet sich das bisher sehr tapfere China-Navi ab. Bloß weg hier! Auf den Schreck kehre ich in der Stadt in einem offenen Gasthaus ein. Ich bestelle ein Club Sandwich. Aber auch hier läuft es nicht rund.

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Das Sandwich zerfällt. Es wurden irrtümlich Maul- und Ringschlüssel anstelle von Spießen verwendet. Das kann ja nicht halten! Ich schaue mich besorgt um, und entdecke, dass man hier wenig Verständnis für Falschparker hat. Ein Joghurtbecherpilot sucht seine RC16 wohl noch heute. Die wird hier zur Schau gestellt, wie zur Abschreckung. Sogar das Nummernschild wurde geklaut.

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Auch hier hat der Virus bereits zugeschlagen. Es sind am ganzen Motorrad keine zwei Teile mit gleicher Farbe montiert. Na gut, die Kettenglieder vielleicht, aber die sind vermutlich aus Japan. Kopfschüttelnd suche ich das Weite. Das Werkzeug nehme ich vorsichtshalber mit. Vielleicht braucht ein KTM-Fahrer Hilfe.

Weiter geht's über Bundesstraßen nach Norden und dann bei Regensburg auf die Autobahn. Es fällt auf, dass heute keine Staus sind. Es ist zwar Ferienbeginn in Bayern, aber die sind alle schon gestern aufgebrochen oder wollen woanders hin.

Gegen 19 Uhr komme ich daheim an. Es war lang heute. Ich bin froh, alles geschafft zu haben. Das verfluchte KTM-Werkzeug ist inzwischen verloren gegangen.

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615 km heute. Ich habe tatsächlich Platz 3 erobert, obwohl der vorherige Halter von Platz 3 heute auch gefahren ist. Das wird aber nur von kurzer Dauer sein - er macht ganz Frankreich, und startet gerade mit den Pyrenäen, während ich zwei Wochen Arbeit vor mir habe. Ganz Frankreich sind übrigens 891 Punkte - ein gigantisches Pensum. Ich habe jetzt 61% von Österreich.
3,5 Wochen später: Ich bin auf dem Rückweg aus Rumänien, wo ich per Anhänger hingefahren wurde. Jetzt habe ich ein paar Tage extra Zeit. Damit könnte man jetzt hektisch den Landespreis Ungarn (gibt's wirklich) machen, und dann gucken, wie ich später im Jahr noch irgendwann und irgendwie die restlichen Pässe in Österreich schaffe, bevor die ersten Wintersperren kommen - eine reicht, und der Landespreis ist futsch - oder ich lasse es ruhiger angehen, spare mir Ungarn, und schneide eine dicke Scheibe vom "Arbeitsvorrat" Austria ab. Da der Thread hier "Österreich" heißt, ist wohl klar, wohin die Reise geht ;)

Ich habe mir drei Tagestouren zwischen der ungarischen Grenze und meinem Wohnort bei Nürnberg geplant. Da ich in Rumänien gut voran kam habe ich sogar vier Tage, um die Tour zu fahren. Also plane ich etwas um und genieße kürzere Tage, sozusagen zur Erholung.


Do 25.08. Burgenland, Gwandenwald, Rax

Mein Start ist in Ungarn, bei Szombathely. Gestern bin ich auf der Autobahn quer durchs Land gefahren, heute knacke ich schön Pässe in Österreich. Dabei kommt mir zu Gute, dass ich beide naheliegendsten schon gestern als Nachschlag erledigt habe. Es sieht nach Regen aus, aber ich warte mit dem Anlegen weiterer Schichten bis es wirklich losgeht. Vielleicht habe ich Glück?

Mein erster Punkt nach dem Supermarktfrühstück ist heute der Eisenberger Sattel. Es fällt sofort der Kontrast auf, wie viel aufgeräumter und sauberer Österreich gegenüber Rumänien ist. Und wie gut und entspannt man voran kommt, wenn man nicht 80% des Tages Ortsdurchfahrten hat.

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Danach habe ich ein Date mit einem Reifenhändler. Ich habe zwei Reifenhändler in der Region per E-Mail angeschrieben, am nächsten Tag eine Antwort-Mail von der ersten Werkstatt erhalten und drei Tage später einen Anruf von der zweiten Werkstatt. Da nehme ich doch das Angebot der ersten Werkstatt: Hinterreifen Michelin Road 6, 200.- inkl. Montage. Das ist mehr als ich daheim zahlen würde, ich bin aber nicht daheim. Mein hinterer TKC70 schafft es vielleicht noch ohne Gewebe zu zeigen nach hause, aber rausfinden muss ich es auch nicht. Also geht's nach Hartberg, zum Gummi Kreisel. Ich baue das Hinterrad selbst aus, der Mechaniker montiert den neuen Reifen und er hat sogar passende goldfarbene Ausgleichsgewichte! Dann baut er das Hinterrad wieder ein und ich spanne die Kette etwas, wenn die Achse schon mal lose ist - das ist mit Bordwerkzeug etwas sperrig. Danach fährt sich das Motorrad ganz frisch und neu, aber irgendwie mache ich mir sorgen um das Geräusch der Kette. Haben wir das Rad etwa schief eingebaut? Sieht eigentlich gerade aus. Die Kettenspannung ist auch nicht zu stramm. Bei einer 20 Minuten-Snackpause gibt's also eine Lage Kettenspray, das gab's zum Reifenwechsel ausnahmsweise mal nicht, danach ist wieder Ruhe. So knacke ich mich friedlich durch die Landschaft. Kurios ist ein Passknackerpunkt auf der Grenze, der eigentlich zu Ungarn zählt, den ich aber mitnehme, wenn ich schon mal in der Nähe bin und keinen Zeitdruck habe.

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In Foto ist ein Grenzübergang. Dieses Jahr habe ich Schengen zu schätzen gelernt! Die Wolken sind weg. Der Tag wird immer besser, auch die Strecken werden einsamer und idyllisch bis kitschig.

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Ich muss zugeben, das gefällt mir gerade ausnehmend gut.

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Es läuft einfach gut heute. Die Reststrecke schmilzt derart weg, dass ich noch eine längere Pause einlege, damit ich nicht um 15 Uhr schon am Hotel bin und mit mir nichts anzufangen weiß. Dafür eignet sich idealerweise die Hütte oben am Schotterpass Stuhleck. Man muss eh rein in die Bude, um die 3 Euro Maut für die Privatstraße zu bezahlen.

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Dort treffe ich einen weiteren Gast, einen älteren Herren, der zur braunen Royal Enfield draußen vor der Tür gehört, und mit dem ich kurz plaudere. Spezi gern, kein Wifi??! Hunger wäre schon da, aber ich will lieber erst am Hotel essen, sonst werde ich müde. Beim Blick auf die Karte fällt auf, dass da noch Punkte in Richtung Hotel liegen, die ich eigentlich erst morgen fahren wollte. Also lade ich die Route für morgen, drücke "Route optimieren" und werfe danach alles raus, was nach dem Hotel kommt. Und das klappt sogar! 50 km Umweg über feinste Hinterwald-Almen, wo mir 0 Motorräder begegnen.

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Gute, aber schmale Straßen, mit nahezu 0 Verkehr.

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Als ich langsam schlapp mache, sind es noch 10 km zum Hotel. Perfekt. Das Hotel liegt mitten drin und kostet 37 Euro mit Frühstück. Ich habe ein großes Doppelzimmer. Abends darf's gern ein Schnitzel vom Huhn sein. Heute war ein guter Tag :) Die Regionen heißen übrigens anfangs Burgenland, dann kurz Steiermark, aber vor allem Niederösterreich.

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451 km und 21 Passknacker heute
68% Austria
Fr 26.08. Wechsel, Mürz, Eisenwurzen, Liezen

Die Nacht leider war nicht so erholsam wegen mindestens einem Moskito im Raum. Am Hotelfrühstück gab's nach langer Abstinenz endlich wieder Schoko-Nuss-Creme und vertraute Brötchen. Eben ein "deutsches Frühstück". Das Hotel würde ich trotz fehlender Fliegengitter empfehlen: Gasthof Seelhofer in 2640 Auf der Wiese. Günstig, gute Küche, interessante Lage zu weniger abgenutzten Motorradstrecken.

Mein erster Punkt ist heute Gasteil, nur 3 km vom Hotel. Da wachsen Hände aus der Wiese.

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Der Besitzer dieses Tanks hatte offenbar Durst, und dann eine gute Idee.

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Dieser Ort macht das Beste aus seinem Namen.

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Das alles in Almenlandschaft bei Sonnenschein. Jenseits des Feistritzsattels habe ich wieder die Option, einen geschotterten, kostenpflichtigen Punkt anzufahren, den ich nicht für den Landespreis brauche. Da ich heute sonst nicht viel vor habe - ich hatte ja gestern schon vorgegriffen - mache ich das doch glatt, und fahre zum Hochwechsel. Auch wenn es sagenhafte 67 km Umweg sind. Der Schotter ist völlig harmlos. Neben einer Militärfunkanlage hat man hier eine 360° Aussicht von 1743 Meter.

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Bergab überholen mich zwei Radfahrer, denn ich bin sehr sozialverträglich unterwegs heute, und hier will ich z.B. keinen Staub aufwirbeln. Nach den eher sportlich zu fahrenden Punkten Alpl, Schanzsattel und Präbichl mache ich eine ausgedehnte Mittagspasse mit Salat und Spezi. Dann passiere ein nervig zugebautes Tal - hier hätte die Autobahnvignette 10 Minuten und 12 Nerven gespart - in den Erzberg. Der ist Ausländern vermutlich am ehesten bekannt vom Erzbergrodeo, einem beinharten Endurorennen. Der Erzberg ist wirklich erstaunlich groß und nennt sich Wiege der Industrialisierung Österreichs. Somit auch irgendwie mitschuldig an KTM, obwohl hier natürlich schon seit 1000 Jahren Eisenerz abgebaut wird. Es ist noch heute der größte Eisenerztagebau in Mitteleuropa.

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Ansonsten ist es wieder überall hübsch kitschig und die Sonne scheint. Von den möglichen Gewittern sehe ich nichts, ich bin seit 9 Uhr dünn bekleidet unterwegs.

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Nach dem Pyhrnpass kommt auch schon meine Unterkunft. Da meine Kette jault, will ich vor dem Checkin noch eben Kette sprühen, aber meine kleine Kettenspay-Dose ist leer. Also erst mal einchecken: Haustür offen, Zettel mit Schüssel an der Theke, passt. Wo kriege ich jetzt Kettenspray her? Was sagt Google? Es gibt einen markenübergreifenden Motorradteilehandel hier im Ort. Genauer gesagt, auf der anderen Straßenseite vom Hotel. Das war ja einfach! Da hingelatscht: Nö, wegen Urlaub geschlossen. Na, dann eben morgen unterwegs. Neben dem Hotel ist ein Restaurant, das sieht nach einem gemütlichen Abend aus.

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367 km und 31 Passknacker heute
72% Austria
Sa 27.08. Steiermark

Die Nacht war recht erholsam. Ich dachte abends noch, ich höre jemanden mein Motorrad fahren. Dann dachte ich, Quatsch, die Versys klingt doch anders. Komisch. Nach dem Frühstück entdecke ich eine MT-09 vor dem Hotel. Ah! Die habe ich ja auch noch. Also los, bei bestem Wetter durch die idyllische Landschaft der Kalkalpen.

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Es ist wenig Verkehr, es sind wenig Ortschaften, alles läuft gut. Bei einer Suzuki-Werkstatt darf ich 1x Kette sprühen mit Mitteln aus der Werkstatt. Dabei fällt auf, dass die Kette beim Schieben knirscht - aber nur vorher. Nach 15 Minuten Einwirkpause fahre ich weiter. Daheim kommt ein neuer Kettensatz drauf. Das sind dann zwar erst 19000 km, aber für unregelmäßig gesprüht und Schotteranteile, auch in Kroatien & co, kann ich das akzeptieren. Jetzt einfach weiterfahren. Ich habe es nicht mal eilig. Alles ist gebucht, die Route ist kurz, die Strecke frei befahrbar.

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Dann zieht etwas Regen auf, und ich gehe vorsichtshalber in die Regenhose.

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Leider fängt hier auch das Navi an zu spinnen, es steht noch immer Wasser drin nach Starkregen in Rumänien. Also muss ich wieder mit dem Handy hantieren, was nicht so gut gelingt. Aber ich finde alle Punkte, und der Regen ist nach 10 Minuten wieder vorbei. Bis auf 100 Meter Umleitung wegen einer Brückenbaustelle und etwas Unklarheit bzgl. der Reihenfolge von 3 Punkten in der Mitte der Route läuft alles rund.

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Ich fahre heute vor allem in der Steiermark herum. Da ist viel Landschaft und wenig los. Es gibt auch für Österreich überraschend wenig Gasthöfe, keinen einzigen Bikertreff und kein Eiscafe am Pass. So bin ich etwas rastlos unterwegs.

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Gegen Ende wird's sogar noch mal sonnig. Ein guter Tag, aber mich plagt das Heimweh. Reisen ist schwerer, wenn es daheim jemanden besonderes gibt...

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336 km und 19 Passknacker heute. 77% Austria. Morgen geht's nach Hause!
So 28.08. Oberösterreich

Heute geht's (endlich) nach Hause! Zuerst Pässe knacken in Österreich, dann auf die deutsche Autobahn und direkt heim. Am letzten Reisetag muss ich mir keine Kraft für den nächsten Tag aufheben, da plane ich gern etwas mehr, aber durch den Extratag habe ich heute eine kürzere Tour als ursprünglich geplant. Es sind also nur 555 km statt 700 km, und 9h statt 12h Fahrzeit laut Tourenplaner. Mal sehen!

Die gute Nachricht des Morgens ist, dass das China-Navi zwar noch immer voller Wasser ist, es lässt sich aber einschalten und mit etwas Mühe finde ich passende bedienbare Flecken am Touchscreen, um die heutige Route zu laden und zu starten - so muss ich nicht mit Handy hantieren. Handy bin ich nicht gewohnt und ist im Regen auch nicht das Wahre. Regen? Ja, nachts hat es ordentlich geregnet, morgens aber brav wieder aufgehört. Leider fing es 10 Minuten bevor ich am Motorrad war wieder an, und zwar gleich richtig knackig. Zumindest ist somit klar, dass ich von Anfang an Regenzeug tragen kann. Um nicht von Anfang an Wasser im Helm und damit Beschlag auf Brille und Visier zu haben, bitte ich den Wirt um Hilfe, und darf in der Garage aufsatteln. Das hilft sehr! Auf dem 68 km zum ersten Punkt komme ich gut voran. Wer ist auch schon an einem verregneten Sonntagmorgen um 9 Uhr unterwegs - außer irren Passknackern? Ich werde heute jedenfalls nicht viele Motorradfahrer sehen.

Der Regen lässt immer mal wieder nach...

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... und wird dann aber auch wieder stärker. Teilweise ist die Straße eine einzige Pfütze mit sichtbaren Druckwellen von einschlagenden Regentropfen.

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Da halte ich nicht oft für Fotos. Und natürlich stehen die Autofahrer im Weg rum, und ohne es zu wissen, machen sie mir das Wetter noch unangenehmer: Ich kriege die Gischt ab, also noch mehr Wasser, das noch dazu dreckiger ist, und bei Tempo unter ca. 50-70 reicht die Visierbelüftung nicht, um den Durchblick zu behalten - da muss ich das Visier einen Spalt breit öffnen, so dass von oben Wasser eindringen kann, was das Problem mittelfristig noch verschärft. Es ist also "wet race" angesagt. Der hintere Michelin Road 6 ist dafür vermutlich der ideale Reifen, und der vordere TKC 70 sicher auch nicht der schlechteste. Ich kenne die Strecken hier zum Glück schon und kann mich an keine superglatten Abschnitte erinnern - das heißt aber nicht, dass es keine gibt. Mein Vorderrad wandert einmal 2 cm, da nehme ich eine halbe Kohle aus dem Feuer und bummle der geplanten Route entlang.

Gegen 13:30 habe ich nur noch einen Pass offen, den Kahlberg, und der Hunger meldet sich. Also einkehren. Es gibt Burger. Das macht zwar müde, aber ich werde eine Stunde nach Abfahrt, wenn die Müdigkeit kommt, eh den Rest des Tages nur noch stumpf Autobahn fahren. Auf dem Weg zum Kahlberg überquere ich die Donau.

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Kahlberg erreicht, das letzte Foto gemacht, alles hochgeladen und geprüft, alles passt! Jippie! Dann geht's heimwärts. Ohne Österreicher Mautpickerl kann ich nicht auf die Autobahn, somit erspare ich mir aber auch den obligatorischen Grenzstau, der entsteht, weil irgendwer an der Grenze das Tempo auf 20 km/h (?) reduziert, und dann einen grimmig guckenden Zöllner in die Mitte der Fahrbahn stellt. Auf der Autobahn. Im Schengen-Raum. Meine mautfreie Route führt stattdessen mitten durch Passau. Schöne Stadt! Ich überquere den Inn.

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Der Regen lässt nach. Hinter Passau geht's auf die Bahn und es wird monoton. Der Plan mit der Müdigkeit geht auf. Und auch das Wetter hält sich an die Vorhersage: 30 Minuten hinter Passau hört nicht nur der Regen auf, es öffnen sich sogar die Wolken. Zeit für eine Trockenpause am Autobahnrastplatz. Die Handschuhe sind natürlich komplett durchnässt, ihr Helden, und die Regenjacke hatte ich am Kragen anfangs nicht sorgfältig genug geschlossen, oder über das Halstuch kam per Dochteffekt etwas Feuchtigkeit rein - weil ich mal wieder nicht an die Kapuze gedacht hatte. Aber die Pause tut auch so gut.

Leider hat das Sena nach der Pause beschlossen, dass es heute zu nass geworden ist, so dass ich die restlichen 1,5 Stunden nur Wind- und Motorgeräusche hören kann. So wie früher. Steinzeit! ;) Bei einer letzten Pause stehen am Autobahnparkplatz zwei Uralgespanne. Ich werde eingeladen, eins davon zuzuparken, da es wegen einer Elektrikpanne auf den Abschlepper wartet. Selbst gewähltes Leid... jetzt wo ich daheim bin, kann ich's ja sagen: Wer einfach nur Motorrad fahren will, ohne Techniksorgen, kaufe sich einen Japaner. Oder zwei, oder drei... ;)

Kurz vor der heimischen Hütte tanke ich auf und versorge mich mit Backwaren für den Abend, auch wenn der Burger sich noch recht wohl im Magen fühlt.

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555 km und 8 Passknacker heute. Rangliste Platz 4 mit 941 Pässen. 80% von Österreich. Der Norden, Osten und Süden von Österreich sind fertig. Jetzt fehlt nur noch Tirol, ein wenig Kleinkram nahe der bayerischen Grenze, und der Staller Sattel. Das kriege ich im Rahmen der An/Abreise zum Versysforums-Höhentreffen im September hin.

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Österreich hat mir an diesen vier Tagen sehr gut gefallen, auch wenn keine 2000 Meter-Pässe dabei waren. Hier kann man durchaus einfach ordentlich Motorrad fahren!
Fünf Wochen später: Die nächste Gelegenheit zum Pässeknacken ergibt sich auf dem Weg nach Südtirol, wo das Höhentreffen des Versysforums lockt. Um ab Nürnberg sinnvoll unterwegs Punkte sammeln zu können, sind aber weitere Übernachtungen nötig. So verkürze ich das Treffen von Sa-Sa auf So-Fr, und für die Anreise mache ich noch eine Vorabendanreise zum Alpensegler bei München, dessen Gästezimmer ich schon ganz gut kenne.

Auf dieser Reise begleitet mich meine Yamaha MT-09, weil die sehr gut nach Italien passt, deren Reifen aber die ganze Tour nicht mehr mitmachen werden. Ich habe zwar einen zweiten Radsatz, aber auch die Reifen auf diesem Radsatz machen nicht mehr alles mit. Und im Keller stapeln sich weitere Reifen. Seufz. Profil wegwerfen will ich nicht, also mache ich einen Kompromiss: Ein Reifenhändler in Italien wird mir einen neuen Hinterreifen besorgen und montieren, und einen frischen Vorderreifen bringe ich mit - sonst wird der Stapel im Keller noch höher. Den Reifen trage ich als Gürtel um meine 17-Zoll-Wampe, das merkt man beim Fahren nicht, und beim Laufen rutscht es nur gaanz langsam.

Fr 9.9. Vorabendanreise

So geht es am 9.9. zum Feierabend auf die Autobahn, ab in den Münchener Speckgürtel. Zu meiner Überraschung gratuliert mir nicht alle 200 Meter jemand zum Rettungsring. Bis auf einen kleinen Stau auf der A9 und eine nette Umfahrung verläuft die Anreise angenehm. Ach, nein, das "neue" Sena Headset 50S ist noch immer beleidigt vom Regen in Rumänien und zerhackt den Audiostream vom Handy. Sehr ärgerlich! Aber ich habe noch das alte Sena 30K dabei und kann fliegend wechseln. Nach dem Checkin bei Herr und Frau Alpensegler gehen wir essen. Das Vietnam-Restaurant Mekong kannte ich noch nicht, aber hier ich definitiv nicht das letzte mal! Dann klingt der Abend gemütlich aus und ich wir kriechen früh in die Betten.

Sa 10.9. Austria Nordost

Die Nacht war erholsam, aber etwas kurz. Frühstück gibt es schon um halb 7, denn ich habe viel vor, und meine Gastgeber wollen ebenfalls früh los: Auch sie sind auf dem Weg nach Südtirol, und wollen vor dem angekündigten Regen/Schnee-Schauer am Timmelsjoch sein. Ich bekomme noch etwas Kettenpflege, dann geht's los! 520 km liegen vor mir.

Die Tour beginnt mit einem noch immer spinnenden Sena 50S. Grrr! Weg damit, in den Tankrucksack, und raus mit dem alten Sena 30K! Das spinnt nicht, so kann ich mit guter Unterhaltung nach Süden aufbrechen. Da der Kesselberg am Wochenende gesperrt ist, nutze ich natürlich die weiträumig ausgeschilderte Umleitung zur anderen Seite des Passes. Das war doch gar nicht so schwer! ;) Es regnet aktuell mal mehr, mal weniger. Es ist viel Verkehr auf den Straßen.

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Wo es dampft, regnet es gerade nicht. Mitten im Karwendel und deutlich in Österreich liegt der Ort Eng, der aber nur von Deutschland aus erreichbar ist. Und da fahre ich jetzt hin, denn er zählt zum Passknacker Landespreis Österreich. Dazu muss ich die Mautstraße Wallgau-Vorderriss nutzen, aber der nette Mann am Mauthäuschen auf der Westseite winkt mich einfach durch. Der hat wohl ein Herz für Motorradfahrer an Regentagen. Das hebt die Laune :) Hier geht's an der Isar entlang, die hier ziemlich steinig ist. Dann biegt man rechts ab, nach Österreich rein... und muss dann dort bald Maut bezahlen, um in die 20 km Sackgasse des Enger Tals hoch fahren zu dürfen. Da geht's wohl um weniger Parkdruck? 4 Euro, bitteschön. Die Straße ist ziemlich gerade, aber der Regen lässt nach und die Landschaft ist nicht ohne Reize.

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Es gibt sogar eine Hochebene mit Baumbewuchs. Der Punkt Eng / Ahornboden liegt dann auf 1207 Meter - weiter geht's nur zu Fuß. Für mich geht's ab jetzt nach Westen, also noch mal zurück bis Wallgau. Dafür muss ich noch mal über die Mautstrecke, und der Mann am östlichen Mauthäuschen hat weniger Mitleid, sondern nimmt mir den vollen Betrag ab :( Da es nur Tagestickets gibt, habe ich so leider nichts gewonnen.

Dann kommt viel Strecke. Darunter auch so nette Sachen wie der schöne Plansee.

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Ich verzichte auf einen Besuch dieser Sonnenterasse.

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Es geht auch durch Garmisch-Partenkirchen, dann über eine Schnellstraße durch Oberau, wo es real einen Tunnel mehr gibt als in meinem Navi, was zu etwas Verwirrung und einem Wendemanöver führt. Dann finde ich aber den richtigen Weg und fahre bei der Ammerwaldalpe wieder nach Austria. In Reutte gibt's Benzin, das wäre zwar noch nicht wirklich nötig, aber so reicht es den Rest des Tages, und ich weiß ja nicht, wie viele Tankstellen da später noch kommen mögen. Südlich der Grenze am Haidsee vorbei geht's am Jochpass wieder nach Deutschland, und dann nördlich in die Quasi-Exklave Jungholz rein - dieser Teil von Österreich ist nur "über Eck" mit dem Rest Österreichs verbunden. Und auf dem Eck ist ein 1635 Meter Alpengipfel, keine Straße. Also muss ich auch wieder zurück nach Deutschland.

Dann geht's übers Allgäu mit Beifang der naheliegendsten Passknacker schließlich bei Möggers-Weienried wieder nach Austria - und das bleibt dann auch der letzten Grenzübertritt heute, ich bin schon ganz durcheinander. Aber nicht so durcheinander wie mein Smartphone, dass sich derweil mal im Schweizer Handynetz einbucht und mich heute mit ungefähr 20 sinnlosen "Willkommen in..."-SMS nervt. Und dann hat man einfach so mal einen tollen Blick auf den Bodensee!

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Den Weg durch Bregenz erspart dann der glücklicherweise mittlerweile mautfreie Tunnel, aber danach geht's bald nach links ab, ostwärts, in den Bregenzerwald. Hier waren die Passknacker besonders fleißig und haben alle 4 km Punkte definiert, oft an einspurigen Kleinststraßen. Nach Alberschwemme kommt die Mautstrecke hoch zum Brüggelekopf.

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Eigentlich ist das hier keine Mautstrecke, sondern eine Privatstraße nur für Anlieger, Übernachtungsgäste und Inhaber einer Berechtigung. Die Berechtigung wird aber für 5 Euro oben im Restaurant an jeden verkauft, der dort auftaucht und fragt. Weil ich etwas platt und kalt bin, kehre ich ein, und wärme mich bei einem Tee auf. Währenddessen hört der Regen auf und ich sehe sogar Sonnenstrahlen!

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Dann kann ich ja weiterfahren. Leider versteckt sich die Sonne dann auch bald wieder. Kurz vor dem letzten Punkt habe ich dann ein handfestes Problem.

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Ein defekter Traktor blockiert die Straße, und ich passe da mit dem Motorrad nicht seitlich dran vorbei. Ich mache also Pause. Es wird am Traktor gearbeitet, ein Abschlepper ist nicht in Sicht. Eine Umfahrung geht nicht, weil Ebnit nur über diese eine Straße zu erreichen ist, und die ist eine Sackgasse. Die Waldwege sind alle verboten, außerdem steil und nach dem ganztägigen Regen aufgeweicht. Ich will nicht warten, bis es dunkel wird. Also reiche ich dieses Foto ein, plus ein Foto vom Navi, und hoffe auf Gnade. Dann runter den Berg, durch die Besiedelung im Tal zum Hotel eiern.

Mein Hotel heute ist gleichzeitig ein China-Restaurant in Sichtweite von Liechtenstein. Am Samstagabend ist natürlich reger Betrieb, und es ist mit 68 Euro ohne Frühstück gar nicht mal SO günstig - das ist aber in dieser Region ohnehin nicht einfach. Das Zimmer ist top in Ordnung, ein Klimagerät darf meine Handschuhe mit trockener Luft anpusten. Meine neuen (gebraucht gekauften) Daytona Traveller sind ziemlich dicht, sicherlich besser als die alten. Die Handschuhe sind leider wie immer komplett ertrunken. Am Kragen wurde das Halstuch, der Pullover und auch der Baselayer nass. Die beiden Membranhosen übereinander haben sich klamm angefühlt, vermutlich wegen der Sitzheizung - aber lieber klamm und warm als trocken, aber kalt. Jetzt aber wirklich Dusche!

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Heute war ich unterwegs von 7:15 bis 18:15, 11h, mit immerhin zwei Einkehrpausen. 19 Passknacker heute. 83,7% Österreich. Platz 4 in der Rangliste (heute früh noch 5).

Morgen schnappe ich mir den Rest von Tirol, und setze dann per Timmelsjoch nach Südtirol über. Es ist nur minimaler Regen angesagt :)